ArcEGMO - Das hydrologische Modellierungssystem

Die moderne Flussgebietsbewirtschaftung erfordert neben der Betrachtung der Wasserflüsse auch die Berücksichtigung von Wasserinhaltsstoffen, wie z.B. gelöste Stickstoffkomponenten. Dazu wurde im Rahmen von ArcEGMO (Pfützner, 2002; Becker et al., 2002) das Abflussbildungsmodul PSCN entwickelt, welches neben der Wasserdynamik im System „Vegetation – Boden“ auch den Phosphor-, Kohlen- und Stickstoffhaushalt simuliert. PSCN (Plant-Soil-Carbon-Nitrogen Model) entstand durch die Kopplung komplexer Wachstumsmodelle für Wald- und landwirtschaftliche Flächen mit einem detaillierten Bodenmodell. Durch die Implementierung eines Fruchtfolgen­generators kann die landwirtschaftliche Anbaustruktur einer Region genau wiedergegeben werden. Einsatzbereich ist die mittelmaßstäbige (1 bis 1000 km²) Simulation des Wasser- und Stoffhaushaltes einer Region bei Berücksichtigung der Vegetations- und Ertragsentwicklung.

Als treibende klimatische Größen werden Lufttemperatur, Niederschlag, Luftfeuchte und Globalstrahlung in täglicher Auflösung benötigt, die durch ArcEGMO für jedes simulierte Raumelement bereitgestellt werden. Die räumliche Auflösung erfolgt entsprechend des Aggregations­schemas von ArcEGMO (Becker et al., 2002; Pfützner, 2002) auf Hydrotopebene (Elementarfläche). Jedes Hydrotop ist durch eine bestimmte Landnutzung und einen Bodentyp charakterisiert und hat einen festen Raumbezug innerhalb des Untersuchungsgebietes

Vorteile dieser prozessbeschreibenden, räumlich und zeitlich hochauflösenden Modellierung gegenüber konzeptionellen Bilanzierungsansätzen wie z.B. MONERIS (Behrendt et al., 2002) werden vor allem hinsichtlich folgender Aspekte gesehen:

a. Die Simulation der Prozesse auf der Basis räumlich determinierter Hydrotope ermöglicht die Ausweisung von Risikoflächen hinsichtlich

  • der Stoffausträge mit dem Oberflächen-, dem Drainage- bzw. dem hypodermischen Abfluss
  • der Stoffeinträge in den Grundwasserkörper
  • des landwirtschaftlichen Ertragsrisikos bedingt durch Wassermangel.

b. Die deterministische Abbildung der Vegetationsentwicklung land- und forstwirtschaftlicher Kulturen und Bestände erlaubt die Abbildung der inner- und mehrjährigen Dynamik der untersuchten Zustandsgrößen des Gebietswasser- und Stoffhaushaltes.

c. Das Modell ist szenariotauglich hinsichtlich kurz- und langjähriger Veränderungen des Klimas und der Landnutzung.

Wie die beigefügte Grafik verdeutlicht, lässt sich das PSCN-Modul in die drei Hauptkomponenten Bodenmodell, Vegetationsmodell und Schneemodell untergliedern. Das Vegetationsmodell enthält Wachstumsmodelle für Wald- und landwirtschaftliche Flächen. Das Bodenmodell besteht aus einem Bodenfeuchtemodell, einem Bodenwärmemodell, einem Kohlenstoff-/Stickstoffmodell und einem Phosphormodell (neu seit 2009). Die einzelnen Teil­modelle sind streng gekapselt. Der Datenaustausch zwischen ihnen erfolgt über spezifische Schnittstellen. Somit ist es möglich, einzelne Teilmodelle auszutauschen bzw. auf verteilten Systemen zu führen. Diese können dabei in unterschiedlichen Sprachen programmiert sein.

Die Vegetationsdynamik wird in Abhängigkeit von der Landnutzung für die einzelnen Hydrotopen simuliert. Je nach Zielstellung der Simulation und der vorhandenen Eingangsdatenbasis kann auch mit einem vereinfachenden Landnutzungsmodell ohne Berücksichtigung der C/N-Dynamik im Boden und im Bestand gerechnet werden.

Die Modellierung der Bodenprozesse erfolgt unter Berücksichtigung der horizontalen Schichtung des Bodens bis hinunter zum Ausgangssubstrat. Dabei werden bei grundwasserbeeinflussten Standorten auch temporär gesättigte Bodenschichten einbezogen. Einen Überblick über die berücksichtigten Teilprozesse des Wasserhaushaltes gibt Abbildung rechts. Neben den Zustandsgrößen zur Beschreibung der Vegetationsdynamik und der Bodenprozesse werden für jedes Raumelement folgende Wasserhaushaltsgrößen in täglicher Auflösung berechnet und zur Weiterverarbeitung an die Lateraldomäne von ArcEGMO übergeben:

  • Aktuelle Verdunstung,
  • Oberflächenabflussbildung,
  • Zufluss zum Kanalisationsnetz (unterteilt in Misch- und Trennkanalisation) bzw. in lokale Versickerungsmulden (Pfützner, 2002),
  • Hypodermischer Abfluss,
  • Zufluss ins Drainagesystem
  • Perkolation aus der Wurzelzone unter Einbeziehung des Makroporenflusses,
  • Pflanzenentzug, bei grundwasserbeeinflussten Standorten unter Berücksichtigung des kapillaren Aufstiegs.

Ist ein Hydrotop teilversiegelt (z.B. Siedlungsbereiche), so erfolgt eine getrennte Simulation für die versiegelten und unversiegelten Flächenanteile. Entsprechend des Anschlussgrades des versiegelten Flächenanteils wird der darauf auftreffende Niederschlag dem Trenn- oder Mischkanalisationsnetz zugeführt bzw. dem Oberflächenabfluss zugeordnet, der für eine Wiederversickerung in den benachbarten Flächen zur Verfügung steht.

ArcEGMO |Bodenwasserhaushalt |Stoffhaushalt |Vegetation